Sommerfelds
Der Ausgangspunkt war ja Dreina, Kreis Lubarto als Geburtsort von Opa Gustav.
Aus Dreina wurde recht schnell als einziger Kandidat Trojnia. Wie informiert man sich nun im Internet über Trojnia? Es gibt einen Wikipedia-Eintrag, der aus genau zwei Sätzen besteht, nämlich wo es liegt.
Das wussten wir schon.
Die Suche nach Sommerfeld gibt abertausende Treffer (ist unter den 1000 häufigsten Namen im deutschsprachigen Raum). Es gibt eine Webseite “Die Sommerfeld-Familien”, aber auch die brachte nichts.
Die einschlägigen großen Seiten Familysearch von den Mormonen, Ancestry und Myheritage machten Hoffnung, aber diese Seiten sind eher für Zusatzinformationen hilfreich und nicht um die Suche zu starten.
Also diverse Ratgeber “Ahnenforschung für Dummies” gelesen.
Ein wichtiger Schritt war die Entdeckung der Internetseite von AGOFF (Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher) und die Webseite von SGGEE (The Society of German Genealogy in Eastern Europe). Dort waren wirklich viele Detailinformationen zumindest aus der Region Lublin zu finden und nach Anmeldung war die Master Database von SGGEE eine Fundgrube. Es gab dort zwar keinen Gustav, aber Daten zu Trojnia.
Genauere Analyse der Webseiten gab dann den Zugriff auf die Kirchenbücher von Lublin. Und mit dem Geburtsdatum haben wir auch die Geburtsurkunde von Gustav gefunden. Damit war das Schloss zu den Sommerfelds geknackt. Der Vater hieß Gottfried, die Mutter Rosalie. Ein Anfang.
Wie Vater erzählte, hatte Gustav viele Geschwister. Einige wurden identifiziert.
Es gab schließlich die Daten von 6 Kindern Gottfrieds samt Dokumenten. Die älteste hieß Emilie, wohnte in Lipniak, Gemeinde Rudno (nicht weit von Trojnia), und ist 1894 mit 29 Jahren gestorben.
Auf ihrer Sterbeurkunde war der Geburtsort verzeichnet. Und der lag offenkundig nicht im Raum Lublin. Colonie Gotzlaf, Gemeinde Lubin (ohne “l”), Kreis Wloclawek. The missing link auf die Vergangenheit?
Vielleicht. Aber genauso wie man Dreina finden musste, musste man Gotzlaf finden. Nur – es war nicht zu finden. Erwähnt wurde die Gemeinde Lubin im Kreis Wloclawek. Mittlerweile mit den Büchern von Kneiffel und Lück vertraut, war klar, dass um Woclawek viele Deutsche aus Pommern/Preussen lebten. Eins der Bücher von Kneiffel gab dann auch der Ausschlag: Gmina Lubien, Gocław war der Kandidat.
Gocław liegt in der Nähe von Chodecz. https://de.wikipedia.org/wiki/Gmina_Lubień_Kujawski. Und Chodecz ist wohl das Kirchspiel, d.h. dort werden Geburten, Heiraten und Sterbefälle verzeichnet. Aus dem Buch von Kneiffel http://eduardkneifel.eu/data/Die_evangelisch-ausburgischen_Gemeinden_der_kalischer_Dioezese.pdf (S. 91ff).
Die Daten waren dann tatsächlich im Kirchspiel von Chodecz zu finden und es konnten die letzten Kinder Gottfrieds identifiziert werden. Aber es hat Monate gedauert, dass alles zu finden.
Nun noch Gottfried. Laut Sterbeurkunde in Ostrofki geboren. Dumm nur, dass Ostrofki mit vielen Schreibvariationen das “Neustadt” Polens ist. Viele hunderte Male taucht der Name auf. Und weder Ostrofki noch eine weitere Geburtsurkunde von dort war in Chodecz verzeichnet.
Was zu finden war, war die Heiratsurkunde von Gottfried mit Rosalie Martin. Und als Gottfrieds Eltern waren Peter Sommerfeld und Elisabeth König verzeichnet. Weitere systematische Suche förderte die Heiratsurkunde von Peter mit Elizabeth zu Tage.
Dort stand, dass Peter bei der Hochzeit in Kaminna gewohnt hat. Und ewig grüßt das Murmeltier. Wo liegt um alles in der Welt nun Kaminna? Karten gewälzt und ein Kamienna in der Gegend von Chodecz gefunden. Mittlerweile war klar, dass die Beweglichkeit der Sommerfelds doch recht eingeschränkt war. Waren sie irgendwo wie z.B. bei Chodecz, blieben sie häufig lange in der Gegend. Sie sind zwar manchmal in das Nachbardorf gewechselt aber nie weit weg. Also geben wir dem Kamienna mal eine Chance. Die alte Gilly Karte studiert und 10km weit weg liegt doch tatsächlich ein Ostrowki.
Dieses Ostrowki lag aber nicht mehr in der Woiwodschaft Kujawski-Pomorskie sondern in der Woiwodschaft Lodź. (So wie zwei Bundesländer in Deutschland oder Staaten in den USA). Deshalb war die Geburt von Gottfried auch nicht mehr Kirchenbuch von Chodecz verzeichnet sondern im passenden Kirchenbuch von Krosniewice. Und dort gab es dann tatsächlich die Geburtsurkunde von Gottfried.
Das liest sich alles relativ leicht, hat aber mit Pausen über ein Jahr gedauert. Wobei man völlig unvorbereitet in die Ahnenforschungsszene geraten ist und alleine das zurechtfinden viel Zeit benötigt.
Adameits
Adameits waren etwas einfacher. In Kandada gab es schon recht früh Enkel von Charlotte, die sich für die Familiengeschichte interessierten, und so hat Mutter einiges aufgeschrieben. Außerdem gibt es die Unterlagen von Opa Nikolaus vom Lastenausgleich (Entschädigung für verlorene Grundstücke in den ehemaligen Ostgebieten). Allerdings fängt dort alles in Wolhynien in einem Dorf Groß Gluscha an. Groß Gluscha gibt es, aber aus der Zeit davor war erstmal nichts zu finden.
Bis dann doch noch etwas ans Tageslicht trat. Auguste, die älteste der Adameitkinder hat die Familiengeschichte auszugsweise aufgeschrieben. Dort stand, Charlotte stammt aus der Rominter Heide. Und es gab ein Geburtsdatum. Also alle erhältlichen Kirchenbücher aus der Rominter Heide um des Geburtsdatums durchgeschaut und tatsächlich eine Charlotte Adomeit gefunden. Aus Theerbude mitten in der Rominter Heide. Auguste hatte noch geschrieben, dass sie eine Schwester Hanna hatte, die ein Jahr jünger war. Die Geburtsurkunde der Schwester Johanna in Theerbude wurde gefunden. Und der Vater sollte Holzarbeiter gewesen sein. Beruf des Vaters in Theerbude: “Holzmann”. Damit war klar, dass wir die Adomeits in der Rominter Heide gefunden hatten. Dorf Theerbude, Kirchspiel Dubeningken. Leider sind alle Kirchbücher vor 1830 in Krieg verschollen. Daher kommen wir bis auf mit der eigenen Familiengeschichte nicht viel weiter zurück. Mehr dazu in den Details zu Adameits.
Fazit
Und so geht es weiter. Es ist wie ein riesiges Puzzle, welches nie zu Ende geht, gar nicht zu Ende gehen kann. Man entwickelt regelrecht Jagdfieber, ein hochintelligentes Detektivspiel. Irgendwann wird es aber entweder Hobby oder Lebensinhalt oder man muss sich fragen. ob es nicht jenseits alter Handschriften auch noch interessante Dinge gibt. Also seid gewarnt, Suchtpotential ist vorhanden.
Hat es sich gelohnt? Man kann diese Frage rundum bejahen. Wir hätten wir sonst gewusst, aus welchen Verhältnissen unsere Vorfahren kommen? Es macht einen demütig, wenn man weiß, dass Vorahnen vor 200 Jahren in bitterster Armut lebten. Und auch die Frömmigkeit unserer Eltern wird aus dem Zusammenhang viel besser verständlich.
Nebenbei gibt es noch kostenlosen Geschichts- und Gesellschaftskundeunterricht.