Die Gründung von Psary

Psary ist ein Dorf in der Nähe von Chodecz. Vorahnen aus dem Familienzweig “Sommerfeld” waren an der Gründung dieses Dorfes 1779 beteiligt. Dazu gehörten die Familien Eschner, Martin und Missal. (Noch im Schulbuch von 1938 lassen sich Missal-Kinder finden.)

Die Gründungsurkunde

Die Gründungsurkunde ist zu finden unter “Deutsche Wissenschaftliche Zeitschrift für Polen” Heft 20, Seite 110ff. Vielen Dank an einen hier nicht namentlich erwähnten Familienforscher für die Information und den Link.

1. Gründungsurkunde der Kolonie Psary bei Chodecz, Kreis Leslau (Wloclawek). (Übersetzt.)
Amtlicher Auszug. A.

akob Sigismund zweiter Namen Kretkowski von Kretkowo, Starost von Przedecz, Ritter des St. Stanislaus-Ordens.

Nachstehendes Recht gebe ich den Holländern, die sich auf dem deserierten Grundstück des Dorfes Psary, das zu meinen Erbgütern Kromiszewice gehört, niederlassen, und das unter folgenden Bedingungen:

Vor allen Dingen erhalten sie mit dem heutigen Datum beginnend 9 freie Jahre, in welcher Zeit jeder ordentliche Hollän­dergebäude aufzustellen verpflichtet ist und mindestens 30 Morgen (ca. 15 ha) Ackerland erwerben muß. Zum Bauplatz wird jedem unentgeltlich 1 Morgen Land zugeteilt.

Dieser Vertrag wird abgeschlossen mit den ehrbaren Peter Ewert, dem zukünftigen Schulzen des Dorfes, und Benediktus Esner. Diese bürgen dafür, daß sie im ersten Jahr mindestens 20 Bauern anwerben werden, mit welchen sie das fertige Acker­land gleichmäßig teilen müssen. Für diese sollen die Freijahre mit dem nächsten Jahr beginnen; die Freijahre der später Nach­kommenden gleichen sich mit den Freijahren der sich zuerst Niedergelassenen aus.

Sie sind verpflichtet, auf dem erworbenen Grundstück Asche aus gutem Holz zu brennen und diese, gut eingestreut, auf dem Gut abzuliefern; das Gut aber zahlt für jedes Faß mit Asche 2 polnische Gulden (zloty), wie es auch den Aschenbrennern (popielarz) zahlt.

Gerade und eben gewachsene Eichen sind auf dem erwor­benen Ackerland zu belassen. Sie müssen so lange stehen bleiben, bis sie sich zur Herstellung von Bohlen eignen. Die Eicheln von diesen Bäumen sollen ihnen gehören.

Der Krugwirt erhält unentgeltlich 15 Morgen Ackerland und den sechzehnten zum Bauplatz; er aber muß dafür Getränke — außer Johannisbeerwein (?) swiqtojanka — ausschenken.

Nach Ausgang der Freijahre muß jeder von der Hufe Land, die 30 Morgen und 8 Ellen, mit der Rute gemessen, beträgt, zu Martini 60 poln. Gulden, d. h. zu 2 Gulden für den Morgen zahlen, und außerdem 2 Kapaune, 1 Gans und 2 Viertel (1 Zentner) Hafer liefern, zweimal im Jahr ein Fuhrwerk nach Gemeinde Chodecz, Leslau stellen und in der Ernte 6 Tage mit der Sense arbeiten. Dafür erhält jeder täglich ein Maß (Garniec) Bier, und nach der Ernte wird der ganzen Gemeinde 1 Faß Bier gestellt.

Diese Abgaben und Arbeitstage sollen von 30 Morgen Land geleistet werden. Wer aber mehr Land haben wird, muß ver­hältnismäßig mehr zahlen und arbeiten. Mehr, als in diesem Kontrakt enthalten ist, wird von ihnen nicht verlangt werden. Die Steuern für die Republik haben sie selbst in der Höhe zu zahlen, wie sie sind oder in Zukunft festgesetzt werden sollen.

Sie dürfen keinerlei fremde Getränke kaufen noch trinken, nur die herrschaftlichen, unter Androhung von 10 Talern Strafe für die Bauern und 5 Talern Strafe für die Gesellen.

Der Schulze und die Gerichtsmänner müssen sie nach dem Holländerrecht gerecht richten. Die Hälfte der Buße ist an den Hof zu zahlen. Sollte eine Seite mit dem Urteil des Schulzen unzufrieden sein, so steht ihr die Berufung an dem Hof zu.

Für den Friedhof und die Schule erhalten sie 15 Morgen zinsfreies Land. Die Taufen und Trauungen müssen sie in der Parochialkirche vollziehen lassen und zahlen dem Propst laut Holländerbrauch für die Taufe 1 poln. Gulden und 6 Groschen, für die Trauung und Beerdigung 4 poln. Gulden.

Den Zehnten wird das ganze Dorf mit 1 Schock Roggen (Garben) entrichten.

Sollte einer dem andern seine Stelle verkaufen, so darf es nur mit Wissen des Hofes geschehen; von dem Kaufgeld wird der zehnte Groschen an den Hof abgegeben. Grundgeld zahlt jeder 1 Goldgulden, und dies ist sofort zu entrichten, d. h. 20 Goldgulden.

Wenn sie auf ihrem Lande kein Holz mehr haben werden, so dürfen sie in den umliegenden Wäldern Brennholz sammeln, aber nur umgefallenes; sollten jemandem die Gebäude abbrennen — was Gott verhüten wolle — so soll er auch freies Holz aus den zu Kromszewice gehörenden Wäldern zum Aufbau von neuen Gebäuden erhalten.

Weide für Vieh und Pferde sollen sie überall frei haben, wenn sie bloß auf Wiesen und im Getreide keinen Schaden machen. Dem Schulzen werden 15 Morgen Land unentgeltlich zu­ geteilt. Andere Abgaben und Arbeitstage muß er jedoch auch für dieses Land leisten, auch muß er für Ordnung im Dorf sorgen und sich in jeder Hinsicht verpflichten, nach den Holländer­gesetzen das Dorf zu verwalten.

Endlich wird aus früherer Erfahrung gewarnt, keinerlei aus­ländische Protektion zu suchen und sie unter keinerlei Vorwände herbeizuführen auf die Gefahr hin, nicht nur seines ganzen Ver­mögens verlustig zu werden, sondern auch dieses Recht zu ver­lieren. Hierfür bürgen und unterzeichnen alle für einen und einer für alle.

Diesem Kontrakt gebe ich mehr Nachdruck und größeren Wert durch Abstempelung und eigenhändige Unterschrift, und erlaube ihnen, ihn auf der Burg von Przedecz zur Eintragung einzureichen.

Geschehen in Przedecz am 28. März im Jahre des Herrn 1779. 

Unterschrieben: (—) mp Jakob Siegismund Kretkowski, Starost von Przedecz. (L. S.)

Des weiteren finden wir noch folgende Informationen ebenda:

Auch viele andere Familien, die entweder im Mannesstamm ausgestorben, oder nach Wolhynien, Rußland, Deutschland, Amerika ausgewandert sind, haben sich 1780—1790 auf Wunsch und Aufforderung des Starosten Kretkowski und seines Schwie­gersohnes Lipski bei Chodecz niedergelassen.
Wie stark die Einwanderung zu polnischer Zeit war, zeigen die Kirchenbücher der katholischen Gemeinde zu Chodecz, in denen zu jener Zeit, da es noch keine evangelische Kirche in Chodecz gab (die evangelische Gemeinde ist erst um 1800 begründet worden), fast die Hälfte aller eingetragenen Namen deutsch sind.

Kurz gesagt: Unsere Vorahnen sind der Einladung des Starosten Kretkowski, in der Gegend von Chodecz ansässig zu werden, gefolgt.

Weitere Informationen zu Psary

http://lapidaria.wikidot.com/cmentarz-ewangelicki-psary. Auszüge:

Wir organisierten am Sonntag, den 18. November, ein weiteres Treffen, diesmal widmeten wir es der Geschichte der evangelischen Siedler im Land Chodecz. Der eingeladene Gast, Herr Sławomir Bors, erklärte uns die Gründe, warum Jakub Zygmunt Kretkowski die ersten Siedler um 1760 nach Psary brachte. Er brachte eine große Sammlung von Dokumenten mit, Kopien von Originalen, auf die er im Laufe der Jahre in staatlichen und diözesanen Archiven gestoßen ist.

Die Gemeinschaft der evangelischen und römisch-katholischen Konfessionen lebte im Land Chodecz friedlich über Generationen hinweg. Es gab gemischte Ehen, Römisch-Katholiken waren oft Taufpaten von Evangelikern und umgekehrt, solche Informationen können in den Bevölkerungsregistern gefunden werden. 
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"In Kujawien und im Land Dobrzyń erschienen die ersten holländischen Siedler um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert in der Umgebung von Bobrowniki. Es handelte sich um Mennoniten, die vor religiöser Verfolgung flohen. Sie erlangten bei den Besitzern von Dörfern, Siedlungen und Gehöften den Ruf, gute und disziplinierte Bauern mit strengen moralischen und religiösen Grundsätzen und interner Gemeinschaftssolidarität zu sein. Zerstörungen während der schwedischen Kriege, der Durchzug sächsischer Truppen und damit verbundene Seuchen führten zu einem Bevölkerungsrückgang von 30 - 70%. Land, Wälder und Weiden wurden nicht genutzt, verfielen und brachten ihren Besitzern keine Einkommen, daher bemühten sich die Erben um die Besiedlung solcher Ländereien. 
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Die neuen Siedler trockneten Sümpfe aus, rodeten natürliche Wälder, besiedelten Brachland, überschwemmte Flächen und Gebiete ohne Oberflächenwasser. Ein charakteristisches Merkmal der oländischen Besiedlung war vor allem, dass sie auf der Grundlage von Verträgen angesiedelt wurden, die die Rechte und Pflichten der Parteien detailliert festlegten, welche der Grundbesitzer mit der gesamten Gemeinde und nicht mit einzelnen Siedlern abschloss. Die gesamte Gemeinde war gemeinsam für ihre Verpflichtungen gegenüber dem Grundbesitzer verantwortlich. Dies erzwang die Entwicklung der Selbstverwaltung, gemeinsames und verantwortungsbewusstes Wirtschaften. 
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Ich bin überzeugt, dass der Starost Kretkowski ähnliche Verträge wie für die Ansiedlung der "Holländer" in Psary abgeschlossen hat und mehrere seiner Dörfer, wie zum Beispiel Narty und Józefki, besiedelte. 
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Die Tatsache, dass in den Kirchenbüchern Nichtkatholiken (bezeichnet als "accatoliko" oder "Lutheraner") in der Pfarrei Chodecz in den Jahren 1778 bis 1794 in einer zunehmenden Anzahl von Dörfern geboren wurden, ist ein Zeugnis für die rasche Besiedlung von unbewirtschafteten Gebieten. Zum Beispiel wurden im Jahr 1778 Nichtkatholiken in zwei Dörfern geboren, im Jahr 1785 in 16 Dörfern, und im Jahr 1793 in 35 Dörfern. Dies zeigt eine Lawine von Siedlungen auf bisher ungenutztem Land.
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Katholiken nahmen auch an den Sakramenten der Nichtkatholiken teil, z.B. waren 1781 in Psary bei der Taufe von Krystyna, der Tochter der Lutheraner Petra und Marianna, Janusz Kazimirski aus Kubłowo und Marianna Millerowa, beide Katholiken, Zeugen. Es gab auch gemischte Ehen, z.B. wurde am 16. September 1781 Eva Eschner, Tochter von Josef (Lutheraner) und Marianna (Katholikin), getauft. Die Taufpaten waren Michael Eszner (Lutheraner) und Helena Milnikowa (Katholikin), beide aus Psary. Am 7. Oktober 1784 wurde in Psary Mijak Marcin geboren, Sohn der Katholiken Andrea und Catharina, aber die Taufpaten waren Jozef Eszner und Anna Ficowa, beide Lutheraner.
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