Georg Giese

Über die Familie von Großmutter Ernestine ist in der Familie wenig oder eher gar nicht gesprochen worden.

Bekannt war nur, dass Vater nach dem 2. Weltkrieg eine Anstellung als LKW-Fahrer bei seinem Cousin Konrad Giese hatte und dass erzählt wurde, dass Großmutter sehr an Wehmut und Einsamkeit gelitten hat und “sie aus Kummer” gestorben sei.

Außerdem haben wir in unserer Kindheit eine Tante in Lauenau besucht und sind dabei über den Deister gewandert.

Fast alle Erkenntnisse über die Familie des Urgroßvater stammen daher aus den Kirchenbucheinträgen und dem was sonst aus dem Umfeld ermittelt werden konnten.

Georg Giese wurde in Lobedau geboren, im Kreis Strasburg in Westpreussen. Er war Arbeiter und Bauer und hat lange Zeit in Rehwalde gelebt.

Zwischen 1872 und 1875 ist Georg dann nach Wolhynien ausgewandert. Über die Gründe kann nur spekuliert werden, aber es ist naheliegend wirtschaftliche Ursachen zu vermuten. In der damaligen Zeit galt Wolhynien wohl als Sehnsuchtsziel mit versprochenen eigenem Ackerland, dass man sich dann aber erst roden musste. Einige Berichte schreiben, dass die Wirklichkeit (wie fast immer) dann doch nicht so rosig war.

20 Jahre später, um 1894 ist Georg dann nach Westpreussen zurückgekehrt und hat dort in Groß Gorschen weitere 20 Jahre gelebt, um schließlich nach Feuchtenau umzuziehen, wo er 1924 mit 86 Jahren gestorben ist.

In Wolhynien waren die Baptisten sehr aktiv und Georg ist um 1875 zu den Baptisten konvertiert. Er hat dort in Cholossna gewohnt und dort ist auch Großmutter Ernestine geboren. (Spekulation: Es besteht auch die Möglichkeit, dass Georg schon in Westpreussen Baptist geworden ist und sein neuer Glaube die Ursache für die Auswanderung nach Wolhynien war.) Weitere Informationen zur Baptistengemeinde in Cholossna sind hier zu finden. In der Bapitstengemeinde gab es zu der Zeit einen Mord, von dem Donald N. Miller in seinem Buch “In the midst of the wolves” (erhältlich unter openlibrary.org), Seite 78ff, berichtet:

Im Jahr 1882 berichtete Ziehl von einem Vorfall, der, wie er sagte, das Zeugnis der Kirche in der Gemeinde befleckte. Ein Mann namens Johann Kort, der zwölf Jahre zuvor bekehrt wurde und zu dieser Zeit der Kirche angehörte, tötete seine Frau. Sie waren zwanzig Jahre verheiratet, und es wurde gemunkelt, dass in ihrem Zuhause eine Katastrophe bevorstand. Als Korts Frau plötzlich verschwand, dachten die Leute, sie sei einfach mit einem anderen Mann weggelaufen, wie ihr Mann berichtet hatte. Doch dann machte Kort einige Bemerkungen im betrunkenen Zustand, die Verdacht erregten. Die Polizei begann zu ermitteln, und als es schien, dass sie ihm auf die Spur kamen, packte Kort die Angst, und er erhängte sich. Am selben Morgen fand man seine Frau in einem flachen Grab vergraben, ihre Kehle war durchgeschnitten. Ziehl beklagte die Tatsache, dass viele Gläubige nicht diszipliniert waren. Er sagte: „Sie wollen die Wahrheit nicht hören. Sie haben sie im Mund, aber nicht im Herzen.”

Wenn man die Familie weiter verfolgt, bestand sie schließlich zu einem Teil aus Baptisten und ein anderer Teil ist evangelisch geblieben. Es gibt allerdings eine Auffälligkeit, die zwar Zufall sein kann, aber eben doch ins Auge fällt:

Georg war Trauzeuge bei allen Kindern, die standesamtlich als Baptisten geheiratet haben. Bei den Kindern, die evangelisch geheiratet haben, erscheint er nirgendwo als Trauzeuge. In heutiger Kenntnis der damaligen religiösen Intoleranz gab es evtl. einen Riss in der Familie. Hier die Baptisten, dort die Evangelischen. Ist vielleicht weit hergeholt, dass nur daraus zu schließen, dass jemand bei der Hochzeit der Kinder als Trauzeuge auftritt, wenn diese baptistisch geheiratet haben, aber wird gestärkt durch die Tatsache, dass ALLE Trauzeugen Baptisten waren oder eben keiner, je nachdem. (Confimation Bias)

In der Familie gibt es noch eine Auffälligkeit. Das Kind Pauline (evangelisch) hat Friedrich Bobrowski geheiratet. Zwei derer Söhne haben im Dritten Reich ihren Nachnamen von Bobrowski auf Bobert geändert und haben SS-Akten im Bundesarchiv. Ob sie Ihren Nachnamen geändert haben, UM Nazi-Karriere zu machen, oder ob sie WEGEN ihrer Nazi-Karriere dazu angehalten wurden, ist unklar, aber beides ist denkbar.

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