Never trust any data

Mach einen Test. Gib “Familienforschung” in Google oder Bing ein. Ergebnis: So um 2 – 3 Millionen Treffer. Viele Leute beschäftigen sich mit dem Thema.

Die großen Genealogieseiten machen Werbung mit Abermillionen von Datensätzen. Klingt verheißungsvoll. Leider entspricht die Quantität nicht der Qualität.

Beispiel?

familysearch.com und ancestry.com sind sehr amerikanisch geprägt. Natürlich beherrscht der eigene Lebensmittelpunkt auch das Denken. “Natürlich” sind alle nach Amerika ausgewandert, wohin auch sonst. “Natürlich” findet man auch die Passagierliste des benutzten Schiffes. “Natürlich” findet man den Namen dann auch in einer Volkszählung samt Haushalt. “Natürlich” ist das Beweis, dass auch dieser Vorahn in Amerika seine Zukunft gesucht hat. Dumm nur, dass man dann die Originalsterbeurkunde in einem vergessenen Dorf in Polen findet. Also ein “Martin Sommerfeld” in einer Passagierliste heißt noch lange nicht, dass es “unser” Martin Sommerfeld ist.

Noch ein Beispiel?

Jeder Schüler wäre errötet, wenn er so offenkundig abgeschrieben hätte, wie Familienforscher von Kollegen. Steht irgendwo eine Zahl oder ein Ort, wird das geglaubt und als Tatsache übernommen. Offensichtlich wird dies bei Fehlern. Urgroßvater Gottfried ist nunmal in Trojnia bei Lublin verstorben und nicht in Trune irgendwo in Russland. Nur – irgendwer hat das Trune mal in die Welt gesetzt. “Sieht doch ganz gut aus, nehmen wir.” Und nun verfolgt einen Trune auf Schritt und Tritt. Hat aber auch Vorteile. Wenn man irgendwo Trune liest, weiß man, hier hat einer abgeschrieben.

Geht man wissenschaftlich an das Quellenproblem heran, gibt es die Grundregel: Kein Zitat ohne Beleg. Das lässt sich im Falle der Familienforschung oft, aber nicht immer aufrecht erhalten, weil man auf manche Quellen einfach nicht zugreifen kann. Entweder Privatbesitz oder man muß mehrtägige Reisen in irgendwelche Archive unternehmen. Was dann doch zu weit führt. Jedenfalls, wenn man noch ein Leben außerhalb von verstaubten Kirchenbüchern führen möchte.

Auf diesen Seiten gibt es drei qualitativ unterschiedliche Arten von Quellen.

Originale

Glücklicherweise sind ganz viele Archive dazu übergegangen, die Bestände zu digitalisieren. Das ist dann entweder kostenfrei oder gegen Gebühr im Internet aufrufbar. Eine Scan eines Originals gilt im Sinne dieser Seite also auch als Original.

Was gibt es vorwiegend?

  • Kirchenbücher. Vor 1900 meist die einzige Quelle.
  • Zivilregister. Standesamt, Volkszählungen, usw.
  • Diverse Originallisten: Passagierlisten, Soldatenverzeichnisse, Grablisten (ja, auch die gibt es).
  • Familienlisten und -erzählungen.

Original heißt aber noch lange nicht, dass die Daten 100% korrekt auf dieser Webseite gelandet sind. Die meisten Einträge sind handschriftlich in fremden Sprachen verfasst oder in Handschriften, die kaum noch jemand lesen kann (Kurrent z.B.) oder schlicht unleserlich. Im Polnischen kann aus einer kleinen Fehlinterpretation aus 1814 auch schon mal 1840 werden. Also immer einen gewissen “Human factor” berücksichtigen, auch bei Originalquellen. Insbesondere der Kreativität bei der Schreibweise von Namen sind auch in den Originalen keine Grenzen gesetzt. Gottlieb, Gottlib, Gotlieb, Bogumil, Gottlob, Godlyb sind alles ein Name. Und jedes zweite Mädchen hieß Anna <irgendwas>, wobei das Anna mal weggelassen wird und mal nicht. Zusätzlich waren Mundarten sehr verbreitet, und der Küster musste dann aus einem “Zegnotat” das machen was er verstand, und so entstanden sehr fantasievolle Namen “Szegnotat”, “Zögnotatis”, usw. Darüber hinaus wurde offenkundig nicht immer richtig zugehört. So sind Namensverwechslungen zwischen Zeugen und Hauptpersonen durchaus vorhanden.

Es lag aber ein Scan oder ein Ausdruck eines Originals vor. Der Aufbewahrungsort wird genau bezeichnet und der Fundort in Web. Letzteres kann sich natürlich im Laufe der Zeit ändern, deshalb gibt es zusätzlich hier eine Kopie der Originale, sofern keine Urheberrechte darauf ruhen.

Wann immer möglich, werden also auf dieser Seite nur Quellen benutzt, die “Originale” sind.

Sekundärlisten mit Bezug auf Originale

Viele fleissige Helferlein machen sich in der Familienforschungs-Community über die Originale her und indizieren diese. Teilweise mit exaktem Bezug, wo die Daten her sind. Teilweise mit allgemeiner Bezeichnung, z.B. “Kirchenbuch Chodecz katholische Kirche vor 1800”.

Hier benutzte glaubwürdige Sekundärlisten liegen auf sggee.org, sind aber nur für Mitglieder zugänglich. Wobei die Jahresgebühr sehr moderat ausfällt. Ebenfalls sehr zuverlässig ist die Liste von westpreussen.de, da auch dort ohne Quellangabe nichts verzeichnet wurde.

Benutzt werden diese Quellen ab und zu, um schnell entfernte Seitenlinien mit Daten aufzufüllen. Bei allen relevanten Personen wird eigentlich nur auf Originalquellen zugegriffen. Steht aber genauestens bei den Personen, wenn Sekundärlisten genutzt wurden. Es gilt wie bei den Originalen, auch hier ist ein Human Factor einzurechnen. Das muss alles nicht stimmen.

Andere Sekundärquellen sind Familiennotizen. Auch hier natürlich mit Vorsicht, Erinnerung kann trügen. Aber grundsätzlich werden Familiennotizen für “wahr” gehalten und stehen auf einer Stufe mit Originalen. Eigentlich betrifft dies große Teile des 20. Jahrhunderts. Die Unterlagen aus Standesämtern sind nicht generell freigegeben. Man kann die Standesämter zwar anfragen und als direkter Nachfahre bekommt man auch Auskunft, aber der Aufwand ist erheblich.

Also ab ca. 1900 sind die Familienerzählungen oft die einzige Quelle, und die gilt im Sinne dieser Seite als “wahr”, wird aber mit “Familienerzählung” gekennzeichnet.

Alles andere

Daten ohne irgendwelche Quellenangaben gehören bis auf ganz wenige Ausnahmen in den Mülleimer. Leider sind damit große Teile von Familysearch, Ancestry, myHeritage, usw. nicht benutzbar, weil dort die Angabe von Quellen eher die Ausnahme als die Regel darstellt.

Spekulationen und Trivia

Manchmal kann man aus den vorliegenden Informationen Schlussfolgerungen ziehen, die zwar nahe liegen, aber die nicht wirklich belegt sind. Diese Spekulationen werden gekennzeichnet und sollten nur interessiert zur Kenntnis genommen werden.

Confirmation bias

Eine große Gefahr, von der auch diese Seite nicht frei ist.

Man hat eine tolle Idee, das könnte der Vorfahre sein. Es fehlt zwar was, aber es sieht sooo gut aus. Man verliebt sich in diese Idee und blendet alles aus, was ihr widerspricht.

Aus Arbeitsthese wird Wahrheit.

Dieses Problem ist in der Familienforschung weit verbreitet und keiner mag sich frei davon sprechen.

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